Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

222056

"Unbegriffene Theorie – begrifflose Praxis"

Sozialarbeitswissenschaft zwischen Wissenschaftstheorie, Programmierung des praktischen Handelns und Adressatennutzen

Hans-Jürgen Göppner

pp. 245-256

Abstract

Dass Soziale Arbeit wissenschaftliche Grundlagen braucht, ist weltweit unbestritten, den Schritt zur Sozialarbeitswissenschaft hat man im deutschsprachigen Raum getan. Ein akademischer Status macht sich immer gut, aber man kann nicht eine Wissenschaft in die Welt setzen, wie man ein Baby in die Welt setzt. Wissenschaft verlangt die Anerkennung eines strengen Regimes, es müssen Anforderungen an die Qualität von Argumenten gestellt werden, die intersubjektive Gültigkeit beanspruchen wollen. Es genügt also nicht, wenn eine Gruppe von Gleichgesinnten sich zur Proklamation einer Sozialarbeitswissenschaft zusammenfindet. Eine Wissenschaft ist nur wissenschaftstheoretisch zu begründen, Sozialarbeitswissenschaft benötigt Wissenschaftstheorie als Metawissenschaft (Birgmeier 2005, Göppner und Hämäläinen 2004, 2007, Obrecht 2001, Schlittmaier 2005, Staub-Bernasconi 2007, Wagner 1995), was aber in der bisherigen Debatte eindeutig zu wenig Stellenwert hatte. Und wie das von Schiessling (1985) übernommene Zitat "begrifflose Theorie – unbegriffene Praxis' im Titel nahe legt, besteht, entgegen der üblichen Auffassung, dass "Theorie" für die Praxis gewöhnlich nicht zu gebrauchen sei, ein Zusammenspiel zwischen beiden: Wenn "Theorie" nicht verstanden hat, was Wissenschaft bedeutet, kann Praxis nicht begreifen, worauf es ankommt, wenn sie das Versprechen, das Adressatenwohl zu fördern, einzulösen versucht. Es geht um den Zustand der theoretischen Modelle und die Praxis, die sie möglich machen. Und es geht gar nicht nur um gelingende Praxis, die leicht zu Expertenherrschaft ausarten kann, es geht vor allem um Bewältigung der Adressatenprobleme. Praktiker sind naturgemäß immer überzeugt, das Richtige zu tun, unabhängig davon, ob sie Verfahrensweisen einsetzen, die empirisch etwas ändern können.

Publication details

Published in:

Birgmeier Bernd, Mührel Eric (2009) Die Sozialarbeitswissenschaft und ihre Theorie(n): Positionen, Kontroversen, Perspektiven. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 245-256

DOI: 10.1007/978-3-531-91699-6_20

Full citation:

Göppner Hans-Jürgen (2009) „"Unbegriffene Theorie – begrifflose Praxis": Sozialarbeitswissenschaft zwischen Wissenschaftstheorie, Programmierung des praktischen Handelns und Adressatennutzen“, In: B. Birgmeier & E. Mührel (Hrsg.), Die Sozialarbeitswissenschaft und ihre Theorie(n), Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 245–256.