Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

199675

Tradieren

Silvia Reuvekamp

pp. 280-285

Abstract

›Tradieren‹ bezeichnet Prozesse der Weitergabe und Vermittlung kulturellen Wissens, die zugleich konservierend und gestaltend wirken, indem sie (selektiv) auf Vorgängiges zugreifen und es in einer konkreten Situation unter den gegebenen Bedingungen mit einer aktuellen Zielsetzung ordnen und verfügbar machen. Die solchen Prozessen immer inhärente Spannung von Erhalten und Erneuern, Bewahren und Verändern oder Fixieren und Bewegen wird in unterschiedlichen historischen, diskursiven und kulturellen Konstellationen unterschiedlich erfasst und bewertet. Ob vorgängigem Wissen etwa ein primär verpflichtender Charakter zugeschrieben wird, der die Spielräume der Aktualisierung begrenzt und damit Zukünftiges determiniert, oder ob Überkommenes weniger verbindlich als ermöglichende Basis verstanden wird, von der ausgehend kulturelle Äußerungen sich gerade in ihren jeweiligen Eigenheiten profilieren können, hängt nicht allein von den Gegenständen der Vermittlung ab, sondern zu einem erheblichen Teil vom Selbstverständnis der Individuen, Gruppen oder Institutionen, die als Vermittlungsinstanzen fungieren. In diesem Sinne sind Akte des Tradierens Kristallisationspunkte kultureller Entwicklungen und Indikatoren für das Kulturkonzept wie die Ordnungsvorstellungen ihrer Träger.

Publication details

Published in:

Paloma Martínez Matías (2017) Erzählen: ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Metzler.

Pages: 280-285

DOI: 10.1007/978-3-476-05364-0_43

Full citation:

Reuvekamp Silvia (2017) „Tradieren“, In: M. Paloma Martínez (Hrsg.), Erzählen, Stuttgart, Metzler, 280–285.