Dieses Kapitel befasst sich mit der Unterscheidung zwischen Seele und Gemeingeist innerhalb der Einstellungen der Natur- und Geisteswissenschaften, wie sie Husserl im Manuskript Gemeingeist II vorstellt. Ich möchte betonen, dass die Seele Husserl zufolge entweder als die "reale Einheit" des kausal determinierten Körpers mit eigenen mentalen Zuständen oder als "Einheit an sich" des Ganzen des seelischen Bewusstseinsstroms samt seiner intentionalen Korrelate betrachtet werden kann. Der naturalistische Ansatz übersieht die Seele als Ganzes und berücksichtigt nur Momente von ihr (mentale Zustände). Husserl zeigt, wieso jede Naturalisierung des menschlichen Geistes seine konstitutive Sozialität verkennt und personale Verbindungen, kulturelle Gegenstände und objektive Konfigurationen auf Zustände von Individuen reduziert. Im Gegensatz dazu besteht Gemeingeist Husserl zufolge gerade in der wechselseitigen Implikation der intentionalen Leistungen der Individuen und ihrer sozialen Umwelt. In dieser Hinsicht werde ich zeigen, wie Husserls Kritik des Naturalismus auf gegenwärtige Ansätze der Sozialontologie angewandt werden kann.Schließlich setzt Husserl die Naturwissenschaften und die Geisteswissenschaften aufgrund ihres Bezugs zur Zeitlichkeit, ihrer Erfahrungsgrundlagen und ihrer deskriptiven Methoden und positionalen Einstellungen gegeneinander: Für die Naturwissenschaften ist alles relativ zu der einzig realen, kausal determinierten und zeit-räumlichen Natur; für die Geisteswissenschaften sind die Subjekte im Gegenteil absolute Referenzpunkte für jedes geistige Produkt. Indem sie reale Korrelationsstrukturen beschreiben, sind die Geisteswissenschaften mit der angewandten, empirischen Phänomenologie verwandt. Allerdings ist nach Husserl nur die transzendentale Phänomenologie in der Lage, einen universalen Ansatz für das Zusammenspiel von Natur und Gemeingeist zu bieten.This chapter deals with the differentiation between the psyche and Common Mind within the attitudes of the natural sciences and of the humanities as Husserl presents it in the manuscript Gemeingeist II. I will stress that according to Husserl the psyche can be considered either as the "real unity' of the causally determined body with own mental states, or as the "unity in itself' of the whole of the psychic stream of consciousness with its intentional correlates. The naturalistic approach overlooks the psyche as a whole, and takes only moments of it (mental states) into account. Husserl shows why every naturalization of the human mind fails to recognize its constitutive sociality and reduces personal associations, cultural objects and objective configurations to individual states. On the contrary, Husserl considers the Common Mind in the mutual implication of the intentional achievements of the individuals and their social environment. In this respect, I will show how Husserl's critique of naturalistic can be applied to contemporary accounts of social ontology.Finally, Husserl opposes the natural sciences and the humanities, according to their relation to time, to their experiential bases, and to their descriptive methods and positional attitudes: for the natural sciences everything is relative to the only real, causally determined and spatio-temporal nature; for the humanities, on the contrary, the subjects are absolute points of reference for every cultural product. By describing real correlative structures, the humanities are cognate with applied, empirical phenomenology. However, according to Husserl, only transcendental phenomenology is able to offer a universal approach for the interplay of Nature and the Common Mind.