Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

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222770

Beauty is Truth Keats's Ekstase des Ästhetischen

Ode on a Grecian Urn

Anselm Haverkamp

pp. 251-258

Abstract

Ein glücklicher Zufall hat den Schluss der Aesthetica Baumgartens aus der Verschattung des Ästhetischen herausgeführt: Foucaults Wiederentdeckung der Parrhesie, die ihrerseits am Ende eines Oeuvres steht, das für die mit Ästhetik befaßten Disziplinen – ohne es zu beabsichtigen – von einer fast skandalösen Bedeutung geworden ist. War die Parrhesie am Ende der Aesthetica wie ein rätselhafter Trugschluß aufgetreten, im letzten Paragraphen eines unvollendeten, auf diesen überschüssigen Nenner gebrachten Werkes, so trat mit Foucaults Wiedererweckung der Parrhesie ein in der französischen Tradition keineswegs wie in der deutschen verblaßter Rahmen in den Vordergrund, der Baumgarten schlagartig in eine Genealogie versetzt, in der er in der deutschen Philosophie nach Kant verkannt blieb. Es ist die der Renaissance, die in Deutschland mit der Ästhetik – ihrer Verkennung im Werk Baumgartens – auf einen Abweg geriet, aller ästhetischen Sonderleistungen seit Goethe, Hölderlin, Kleist und der Romantik unbeschadet. Das war kein Zufall, lag in der Natur der ästhetischen Objekte, wird aber von der französischen und englischen Literatur seit Milton her erst deutlich, an der die Entwicklung der neueren Literaturwissenschaft im New Criticism orientiert ist. Der Dichter John Keats, der im Kontext der englischen Romantik einen Sonderfall darstellt wie Hölderlin in der deutschen, revidierte Milton und seine kanonbildende Anknüpfung an Shakespeare; dergleichen vermochte Hölderlin mit Klopstock nicht, sondern faßte erst Walter Benjamin ins Auge. Keats endete in der Extase seines kurzen, vor der Vollendung abgebrochenen Lebenswerks mit einer Geste der Parrhesie, die Baumgarten nahekommt. Keats konnte ihn höchstens in Splittern seines Einflusses kennen, aber er stand in der Tradition, auf die Baumgartens Ästhetik eine Antwort gab. Man findet deshalb bei Keats nicht viel mehr als ein verhaltenes Echo, doch was soll man erwarten von einer Theorie des Ästhetischen als ein Echo? Es liegt in der Natur der Sache, daß die Wirkung der Literatur auf der dunklen Latenz eines Verborgenen aufruht, dessen modifizierende Reaktionen sie bezeugt.

Publication details

Published in:

Haverkamp Anselm (2018) Klopstock/Milton – Teleskopie der Moderne: Eine Transversale der europäischen Literatur. Stuttgart, Metzler.

Pages: 251-258

DOI: 10.1007/978-3-476-04684-0_14

Full citation:

Haverkamp Anselm (2018) Beauty is Truth Keats's Ekstase des Ästhetischen: Ode on a Grecian Urn, In: Klopstock/Milton – Teleskopie der Moderne, Stuttgart, Metzler, 251–258.