Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

222670

Wahrheit und Geschichtlichkeit

Karl Löwith

pp. 372-384

Abstract

Das Wort Geschichtlichkeit geht bis auf Hegel zurück, desgleichen die Unterscheidung von historisch und geschichtlich1. In dem heute gebräuchlich gewordenen Sinn ist das Wort aber erst seit Heideggers Sein und Zeit zum Modewort geworden; auch Jaspers hat es übernommen. In Sein und Zeit besagt Geschichtlichkeit die existential verstandene Seinsweise des menschlichen Daseins. Dasein existiert geschichtlich, weil es zeitlich ist, und es ist in ausgezeichneter Weise zeitlich existierend, wenn es den Tod als sein künftiges Ende vorwegnimmt und sich in seiner Endlichkeit übernimmt. Die Zukunft wird daher in Heideggers Analytik des Daseins zum primären Zeitcharakter. Wie jedoch eine am eigensten Dasein und dessen Sein zum Tode konzipierte Zeitlichkeit die gemeinsame Zeit der jeweils zeitgenössischen Geschichten soll begründen können, bleibt uneinsichtig. Der Rückgang von der physikalisch meßbaren Raumzeit zu der existentiell erlebten Zeit begründet noch keinen Übergang zur Zeit der Geschichte, deren Maßstab Generationen, Jahrzehnte und Jahrhunderte sind.

Publication details

Published in:

Löwith Karl (1990) Der Mensch inmitten der Geschichte: Philosophische Bilanz des 20. Jahrhunderts. Stuttgart, Metzler.

Pages: 372-384

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_15

Full citation:

Löwith Karl (1990) Wahrheit und Geschichtlichkeit, In: Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, 372–384.