Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

221610

Die Gesellschaft der Anderen

Thorsten Bonacker

pp. 189-218

Abstract

Interventionen in staatliche Angelegenheiten können auf sehr unterschiedlichen Wegen geschehen, beispielsweise durch militärische Zwangsmaßnahmen, durch diplomatischen Druck, durch konditionierte Entwicklungshilfe oder durch zivilgesellschaftliche Kampagnen. Besonders prominent sind seit Beginn der 1990er Jahre Interventionen durch internationale Organisationen, vor allem im Rahmen von UN geführten Friedensmissionen. Diese Missionen demonstrieren, dass die symbolische Bedeutung territorialer Grenzen schwächer geworden ist. Offenkundig ist dies für die sogenannten schwachen Staaten, die gar nicht in der Lage sind, ihre Grenzen zu kontrollieren oder ihre Regierungsgewalt auf ihrem Territorium auszuüben. Aber auch jenseits dieser dramatischen Fälle von Staaten, in die gleichsam permanent von anderen Staaten oder von nicht-staatlichen Gewaltakteuren interveniert wird, ist Intervention in diesem weit verstandenen Sinne fast schon ein Normalfall der Weltgesellschaft geworden. Dies gilt – vor allem seit der "Agenda for Peace" und der Ausweitung der Aufgaben von Friedensmissionen – insbesondere für Postkonfliktgesellschaften, in denen eine (häufig militär-gestützte) Intervention den Beginn für eine mehr oder weniger ausgeprägte Institutionalisierung und Normalisierung der Intervention markiert. So lässt sich etwa für Kambodscha sagen, dass die United Nations Transitional Authority in Cambodia (UNTAC) zwar formal nur 19 Monate, nämlich von Februar 1992 bis September 1993 dauerte, diese aber gewissermaßen der Türoffner für ein umfassendes internationales Engagement war, das Kambodscha zu einem der am stärksten von Entwicklungshilfe abhängigen Staaten machte. Wer die Entwicklung Kambodschas in den letzten zwanzig Jahren verstehen möchte, der wird vor allem auch die Präsenz, Diskurse und Praktiken der internationalen Akteure in und rund um Kam bodscha und die Interaktionen zwischen internationalen Akteuren, nationalen Eliten und der Zivilgesellschaft analysieren müssen (vgl. Hughes 2003: 85 ff.).

Publication details

Published in:

Bonacker Thorsten, Daxner Michael, Free Jan, Zürcher Christoph (2010) Interventionskultur: zur Soziologie von Interventionsgesellschaften. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 189-218

DOI: 10.1007/978-3-531-92219-5_11

Full citation:

Bonacker Thorsten (2010) „Die Gesellschaft der Anderen“, In: T. Bonacker, M. Daxner, J. Free & C. Zürcher (Hrsg.), Interventionskultur, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 189–218.