Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

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221405

Genealogie und "Ökonomie" des Bedürfens

Rolf Kühn

pp. 56-77

Abstract

Hat der lebensphänomenologische Ansatz im deutschsprachigen Raum bereits seine Rezeption gefunden, besonders für den Bereich der Ästhetik und Kulturkritik,40 so sind natürlich auch Argumente laut geworden, welche die "Immanenz des Lebens' ohne Transzendenzbezug in ihrem eigenen phänomenologischen Wesen für bedenklich erklären. Untersucht man jedoch diese Einwände genauer, so wird von diesen nicht beachtet, daß Immanenz eben nichts mit Introjektion zu tun hat. Letztere meint eine Verlagerung ins 'subjektiv Innere", in das "Milieu der genuinen Tatsachen" wie Wünsche und Sorgen, die sich von der Objektivität als einem ersten "Hier" und "Jetzt" abschälen, um sich dann als "Subjektivität" vom Rest der objektiven Tatsachen weiterhin abzukapseln.41 Bei einer solchen scheinbar "unbefangenen Phänomenologie", wie sie H. Schmitz "ernüchtert empirisch" in Anspruch nimmt, wird dann gerade aber nicht bedacht, daß die Raum-Zeit-Korrelation Hier/Jetzt als "primitive Gegenwart" des Leibes schon eine erste Konstitution aus transzendentalem Vermögen heraus bedeutet, welches das Leben als subjektiven "Pol" (wenn auch nicht als Bewußtsein im klassischen Sinne) bereits voraussetzt. Vor der "Introjektion" — bzw. damit diese überhaupt statthaben kann — muß das phänomenologische Leben als Affektionsmöglichkeit schon "gegeben" sein, so daß dieses Leben als "Immanenz" gerade nicht die Negativform zur Transzendenz darstellt, sozusagen einen "weltentleerten Hohlraum" (was im übrigen immer noch ein "Raum" wäre), sondern die Ermöglichung zur Errichtung jeglicher Räumlichkeit schlechthin.42

Publication details

Published in:

Kühn Rolf (1996) Leben als Bedürfen: Eine lebensphänomenologische Analyse zu Kultur und Wirtschaft. Heidelberg, Physica.

Pages: 56-77

DOI: 10.1007/978-3-642-61208-4_5

Full citation:

Kühn Rolf (1996) Genealogie und "Ökonomie" des Bedürfens, In: Leben als Bedürfen, Heidelberg, Physica, 56–77.