Wer jüngere Debatten wie die zwischen Georg Kneer und Markus Holzinger über Sozialkonstruktivismus versus Postkonstruktivismus verfolgt, dem wird zweierlei auffallen (vgl. Kneer 2009, 2009a; Holzinger 2009, 2009a): Zum einen scheint es den Postkonstruktivisten in ihrem Angriff auf den Sozialkonstruktivismus darum zu gehen, den eigensinnigen Widerstand der materiellen Welt als ‚realistisches' Moment wieder stärker gegen rein ‚idealistische" Konstruktionsthesen für (wissenschafts-)soziologische Erklärungen in Anschlag zu bringen. Zum zweiten gibt es keine Stellungnahme von realistisch orientierten Soziologen zu dieser Debatte. Der zweite Punkt muss meines Erachtens deshalb niemanden erstaunen, weil die ‚realistischen Soziologen" eine bedrohte Art sind. Selbst Soziologen, die sich als Realisten bezeichnen, beziehen tatsächlich partiell anti-realistische, nämlich instrumentalistische Positionen. Daher ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass die in der deutschsprachigen Soziologie ‚eigentlich" verbreitetste realistische Auffassung, nämlich die des mit dem kritischen Rationalismus verbundenen kritischen Realismus, als Bezugspunkt für die Diskussion keinerlei Rolle spielt. Er kommt einfach nicht mehr vor. Dies wirkt sich ungünstig auf die Diskussion aus, einfach deshalb, weil tendenziell eher diejenigen, die eine bestimmte Position verteidigen, diejenigen sind, die diese Position von ihrer stärksten Seite her schildern.