Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

216339

Transkulturelle Aspekte psychischer Erkrankungen

Wielant Machleidt

pp. 433-462

Abstract

Transkulturelle Psychiatrie ist definiert als eine Richtung der Psychiatrie, die sich mit den kulturellen Aspekten der Ätiologie, der Epidemiologie und dem Erscheinungsbild sowie der Therapie und Nachbehandlung psychischer Krankheiten befasst. Ihre beiden hauptsächlichen Aufgabenfelder liegen auf dem Gebiet der kulturvergleichenden Analyse psychischer Störungen und in der Entwicklung von Therapieverfahren mit kulturspezifischer oder auch mit kulturübergreifender Wirksamkeit. In dieser Hinsicht ist ihr praktisches Anliegen, eine kulturkompetente psychiatrische-psychotherapeutische Versorgung von ethnischen Minoritäten und Migranten sicherzustellen. Für die Diagnostik psychischer Störungen aus kultureller Sicht sind Leitlinien und Standards entwickelt worden, anhand derer die Betroffenen angemessener beurteilt werden können. Schizophrenie, akute vorübergehende Psychosen und affektive Erkrankungen sind z. T. erheblichen Unterschieden in Prävalenz und Erscheinungsbild in verschiedenen Kulturen der Welt unterworfen und bedürfen kulturell adaptierter Behandlungskonzepte. Gleiches gilt für Angstsyndrome, Anpassungs- und Persönlichkeitsstörungen. Eine Ausnahme bilden die kulturabhängigen Syndrome (CBS), deren Verbreitung sich auf bestimmte Regionen und Kulturkreise beschränkt, die aber vereinzelt auch bei Migranten beobachtet werden können. Migranten entwickeln im Zusammenhang mit dem Migrationsprozess und der "kulturellen Adoleszenz" als Integrationsleistung in der Aufnahmegesellschaft eine erhöhte Vulnerabilität, in deren Folge es bei erheblichen Stressoren zur Manifestation psychischer Störungen kommen kann. Nur für einzelne diagnostische Bereiche sind bei bestimmten Migrantengruppen erhöhte Prävalenzen wahrscheinlich, wie z. B. für psychotische, affektive, Angst und psychosomatische Störungen. Die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung verfolgt das Konzept der Integration der Patienten mit Migrationshintergrund in die stationäre und ambulante Regelversorgung. In diesem Bemühen sind im zurückliegenden Jahrzehnt unter Berücksichtigung der "Sonnenberger Leitlinien" bedeutsame Fortschritte erzielt worden.

Publication details

Published in:

Möller Hans-Jürgen, Laux Gerd, Kapfhammer Hans-Peter (2017) Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Dordrecht, Springer.

Pages: 433-462

DOI: 10.1007/978-3-662-49295-6_17

Full citation:

Machleidt Wielant (2017) „Transkulturelle Aspekte psychischer Erkrankungen“, In: H. Möller, G. Laux & H.-P. Kapfhammer (Hrsg.), Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, Dordrecht, Springer, 433–462.