Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

216048

Langfristige soziale Prozesse

Eigenschaften und Modellierung

Carsten Kaven

pp. 233-245

Abstract

Prozessorientiertes Denken hat Tradition: ‚Panta rhei": alles fließt. Die dem griechischen Philosophen Heraklit zugeschriebene Aussage bestimmt eine Perspektive. Wenn alles fließt, lohnt es über Prozesse nachzudenken; dann sind historische und soziale Prozesse ein bestimmendes Element aller aktuellen und vergangenen gesellschaftlichen Verhältnisse. Es wird sogar unmöglich, gesellschaftliche Verhältnisse als statische Einheiten zu betrachten, quasi zu fixieren, wenn diese vielmehr unentwegt fließen. Ein solches prozessorientiertes Denken lässt sich bei vielen Klassikern sozialwissenschaftlichen und historischen Denkens nachweisen. So analysierte Karl Marx dem Kapitalismus innewohnende Prozesse, die zu dessen Ablösung durch eine höhere Gesellschaftsformation führen sollten; Max Weber schrieb über Prozesse der Rationalisierung und Bürokratisierung in einer entzauberten Welt; Michel Foucault untersuchte Prozesse der Disziplinierung und Normierung ganzer Bevölkerungen. In neuerer Zeit hat Jürgen Habermas die Begriffe einer Kolonisierung der Lebenswelt und Re-Feudalisierung geprägt und aus systemtheoretischer Perspektive werden Prozesse der Inklusion und Exklusion im Zusammenhang mit der Formierung einer Weltgesellschaft wahrgenommen. Trotz dieser Zeugnisse prozessorientierten Denkens ist die Diagnose Elias' wohl berechtigt, welcher von einem ‚Rückzug der Soziologen auf die Gegenwart" sprach, d. h. von einem Verlust prozessorientierten Denkens.

Publication details

Published in:

Schtzeichel Rainer, Jordan Stefan (2015) Prozesse: Formen, Dynamiken, Erklärungen. Dordrecht, Springer.

Pages: 233-245

DOI: 10.1007/978-3-531-93458-7_10

Full citation:

Kaven Carsten (2015) „Langfristige soziale Prozesse: Eigenschaften und Modellierung“, In: R. Schtzeichel & S. Jordan (Hrsg.), Prozesse, Dordrecht, Springer, 233–245.