Metodo

International Studies in Phenomenology and Philosophy

Book | Chapter

215325

"Vergemeinschaftung" und ‚Vergesellschaftung" bei Max Weber

Eine Rekonstruktion seines Sprachgebrauchs

Klaus Lichtblau

pp. 261-288

Abstract

Seit einiger Zeit sind die Versuche, Max Webers Werk einer an Marx, Durkheim, Parsons und Luhmann orientierten gesellschaftstheoretischen Lesart zu unterwerfen, auffällig stark in den Hintergrund getreten. Statt dessen bemüht man sich darum, die entsprechenden Konsequenzen aus dem Tatbestand zu ziehen, daß Weber im Unterschied zu anderen soziologischen Klassikern den Begriff ‚Gesellschaft" bewußt vermieden hat und insofern die von ihm begründete Richtung der verstehenden Soziologie auch nicht als Beitrag zu einer ambitionierten Theorie der Gesellschaft verstand, sondern als eine soziologische Begriffslehre, die der historischen Forschung dienend zur Seite stehen sollte. Auch der Umstand, daß sich die Herausgeber der Max-Weber-Gesamtausgabe inzwischen nun doch dazu entschlossen haben, die beiden Fassungen von Webers Beitrag zum Grundriß der Sozialökonomik unter dem bereits hinlänglich bekannten Obertitel "Wirtschaft und Gesellschaft", nicht aber unter dem lange favorisierten Titel "Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte" zu veröffentlichen, sollte uns nicht vorschnell zu dem Schluß verleiten, daß diese herausgeberische Entscheidung eine Rückkehr zu einer herkömmlichen gesellschaftstheoretischen Deutung von Webers Werk beinhaltet. Denn erstens haben gerade die im Umkreis der Max-Weber-Gesamtausgabe entstandenen neueren Forschungsarbeiten gezeigt, in welchem Ausmaß sich seine unter dem Titel Wirtschaft und Gesellschaft zusammengefaßten Texte einem solchen Interpretationsversuch entziehen. Und zweitens ist uns Webers Grundrißbeitrag in zwei verschiedenen fragmentarischen Fassungen überliefert worden, die uns dazu zwingen, solche Fragen im Hinblick auf diese beiden unterschiedlichen Fassungen zunächst getrennt zu beantworten, bevor wir den Versuch einer Gesamtdeutung der fraglichen Manuskripte unternehmen.

Publication details

Published in:

Lichtblau Klaus (2011) Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 261-288

DOI: 10.1007/978-3-531-93235-4_16

Full citation:

Lichtblau Klaus (2011) "Vergemeinschaftung" und ‚Vergesellschaftung" bei Max Weber: Eine Rekonstruktion seines Sprachgebrauchs, In: Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 261–288.